Zwei Drittel der wichtigsten Klimagasemissionen entstammen nur 90 Firmen auf der Welt, freigesetzt aus der Verbrennung fossiler Treibstoffe, Methanlecks und der Zementherstellung. Die Unternehmen emittieren die Gase entweder selbst oder ihre Kunden tun es: die Konsumenten und weitere Industrien.
Deepwater Horizon am 20. April 2010 (c) US Coast Guard via Wikimedia Commons
Die Studie erschien bereits 2013 im wissenschaftlichen Peer-Review-Magazin „Climatic Change“. Damals erregte seine Arbeit in Expertenzirkeln einiges Aufsehen.
Wirtschaftsexperten hielten es für unfair, die Produzenten von Produkten an den Pranger zu stellen, die schließlich nur das auf den Markt bringen, wonach Konsumenten und Kunden verlangen.
Umweltrechtler sahen das anders. Für sie wurde durch die Veröffentlichung endlich der Mythos zerstört, das jedermann verantwortlich für die Treibhausgasbelastungen ist – wenn jeder verantwortlich sei, dann ist es keiner.
Der Autor der Studien, der Geograf Richard Heede, formuliert es so: „Als Konsument habe ich eine gewisse Verantwortung für mein Auto, ja. Aber wir leben in einer Illusion, wenn wir glauben, wir hätten eine Wahl. Denn es ist in erster Linie die Infrastruktur, die diese Wahl für uns trifft.“
Dass Heedes Arbeit jetzt wieder im Licht der Öffentlichkeit steht, liegt an einer Vorladung, die er und die großen US-Umweltorganisation vom Lamar Smith erhielten, einem harten Klimaskeptiker und dem Vorsitzender des Komitees für Wissenschaft, Weltraum und Technologie des US-Repräsentantenhauses. Sie steht im Zusammenhang mit einer Klage gegen ExxonMobile, das beschuldigt wird, Zweifel am Klimawandel in der Öffentlichkeit verbreitet zu haben, auch gegen die Überzeugungen der eigenen Wissenschaftler. Smith witterte eine Konspiration zwischen dem Staatsanwalt und den Umweltanwälten. Deshalb forderte von den US-Umweltverbänden die Offenlegung der Korrespondenz und anderer Unterlagen, darunter auch die von Heede.
Heede, in Norwegen geboren, ist ein echter, detailversessener Nerd. Er arbeitet allein in einem gemieteten Hausboot in der San Francisco Bay inmitten von Aktenordner-Stapeln vor zwei Monitoren. In den frühen 2000er Jahren erhielt er einen Vertrag vom Klimagerechtigekeitsprogramm von Greenpeace International in London, um die Klimabilanz von ExxonMobile zu untersuchen. Das dauerte 15 Monate. Greenpeace gab ihm eine Stipendium, um auch die gesamte Fossilindustrie zu untersuchen. Es dauerte acht Jahre, um von überall auf der Welt detaillierte Produktionsdaten zusammenzuklauben. In dieser Zeit endete das Stipendium, sein Beratungsunternehmen ging pleite, er reizte seine Kreditkarte aus, machte Schulden und verlor schließlich sein Haus. Mit kleinen Hilfen und Verträgen hielt er sich über Wasser. Jetzt will er mit seinen Daten, die bis 1751 zurück reichen, ein mathematisches Modell bauen, dass den Einfluss der 90 großen Ölkonzerne in die Zukunft projizieren soll.
Aber der Nerd macht auch kein Hehl daraus, dass er die Ölindustrie bewundert. Er sagte dem Wissenschaftsmagazin „Science“: „Sie haben fantastische Anstrengungen unternommen, um Ressourcen für die Verbesserung der Menschheit zu finden,“ oft unter extremsten Umweltbedingungen. Sie hätten einen so großartigen Job gemacht, dass wir nicht dazu kamen, einmal Pause zu machen und über die unerwünschten Auswirkungen nachzudenken. „Jetzt müssen wir mit dem Resultat umgehen.“
Die ganze Geschichte von Richard Heede, von seiner anfänglichen Wissenschaftlerkarriere bis zu seinem Leben in einfachsten Verhältnissen, von seiner weltweiten Suche nach belastbaren Daten, hat das Wissenschaftsmagazin „Science“ aufgeschrieben. Dort findet sich auch eine animierte Grafik seiner Daten von 1885 bis 1913: http://www.sciencemag.org. Zusatz-Datenmaterial als DOCX-Datei.
Die Homepage von Richard Heedes »Climate Mitigation Services«